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Es gibt keine ehrenwerten Kriegsverbrecher!
Zur Diskussion um Hermann Röchling
In den meisten deutschen Städten ist die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Terrorherrschaft heute weitgehend gelungen. Notwendig war dazu die Bereitschaft zu ehrlicher und wahrhaftiger Aufklärung.
Völklingen tut sich dagegen immer noch schwer mit der Aufarbeitung, was vor allem an der Bewertung der NS-Größe Hermann Röchling liegt. Das hat gewiss damit zu tun, dass die Bindung vieler Völklinger der Kriegsgeneration und der unmittelbaren Nachkriegsgeneration zum Völklinger Patriarchen Röchling die Neigung zum Verdrängen, Verharmlosen und Vergessen, zum Nichtwissenwollen begünstigt hat.
Erst die jetzige Generation hat die Chance zur unbefangenen Aufklärung. Historiker haben inzwischen die Schriften und Taten Hermann Röchlings gut dokumentiert. Die Ergebnisse sind heute für alle, die wissen wollen, im Internet abrufbar. So hat beispielsweise die SPD-Stadtratsfraktion auf ihrer Homepage die Arbeit des Saarbrücker Historikers Hans Horch zum Downloaden bereitgestellt. Horch belegt lückenlos, dass Hermann Röchling
- lange vor 1933 verlangte, dass (französische) Elsass-Lothringer durch Deutsche zu verdrängen sind,
- in seinem rabiaten, den Juden nach dem Leben trachtenden Antisemitismus mit Hitler, den er beriet, völlig übereinstimmte,
- getreu der nationalsozialistischen Rassenideologie den Einfall in slawische Staaten forderte zur Ausplünderung der dortigen Bevölkerung. Slawische Zwangsarbeiter, die er für seine Werke anforderte, wurden denn auch besonders unmenschlich behandelt und gequält.
Hermann Röchling gehörte als von Göring ernannter Wehrwirtschaftsführer zu den Hauptfunktionsträgern des NS-Staates. Er ist der einzige in den Nürnberger und Rastatter Prozessen verurteilte Kriegsverbrecher, dem im Nachkriegsdeutschland eine öffentliche Ehrung zuteilwurde.
Die Stadt Völklingen, die sich heute als Brücke zu den europäischen Nachbarn versteht, die ein Klima der kulturellen Offenheit und der Toleranz pflegt, in der 40.000 Menschen unabhängig von ihrer Religion, ihrer Ethnie, ihrer Herkunft friedvoll miteinander umgehen, lebt – Gott sei Dank – ganz andere Werte. Ihr Selbstverständnis, wie es in der von allen demokratischen Parteien getragenen Resolution gegen Rechtsextremismus vom Dezember 2011 zum Ausdruck kommt, steht in völligem Gegensatz zur weiteren Ehrung Hermann Röchlings als Namensgeber eines ganzen Stadtteils.
Die Zeit ist deshalb reif, dass auch Völklingen seine NS-Geschichte aufrichtig aufarbeitet und sich von dieser Altlast befreit. Es wäre ein Akt der politischen Hygiene.
Günter Matschiner
Völklingen